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Zwei Jahre Einzelhaft im Zuchthaus Cottbus, machten mich stark.

 Uwe- Carsten Günnel wurde 1955 als jüngstes Kind von vier Geschwistern in Plauen/Sachsen geboren. Seine Eltern arbeiteten in ihrer gut gehenden Bäckerei am zentralen Rossplatz in Kölleda/Thüringen. 

1962 wurde er eingeschult und im Alter von sieben Jahren, Mitglied der Jungen Pioniere. 
Er war 12, als sich die Eltern scheiden ließen.
Im Alter von 14 Jahren verweigerte der Individualist, als einziger Schüler seiner Schule, den Eintritt in die kommunistische Staatsjugend Freie Deutsche Jugend (FDJ). Daraufhin war er besonderen Repressionen des Direktors und der Lehrer ausgesetzt, besonders in politischen Fächern wie Staatsbürgerkunde und Geschichte. Damit war ihm das Abitur und sein beabsichtigtes Jura-Studium (Wunschberuf Rechtsanwalt) versagt. 1970 mußte Uwe- Carsten Günnel eine angeordnete Ausbildung als "Zerspanungsfacharbeiter“ beginnen. Er holte gleichzeitig die 10. Klasse im Abendstudium in Sömmerda nach. Auch das Abitur wollte er an einer VHS erreichen, um doch noch Rechtsanwalt werden zu können. Nachdem er mit 17 Jahren die Einberufung in die „DDR“-Armee NVA verweigerte, war das jedoch ausgeschlossen. 
Er wurde deshalb mehrmals von Polizeikräften zwangsvorgeführt und später ausgemustert.
Ihm wurden seine Reisepapiere und der Personalausweis entzogen. Er erhielt den in der „DDR“ berüchtigten Ausweis "PM12". Dieser diente dem SED- Regime zur weiteren Beschneidung von Systemgegnern. Auf Grund dieser Willkürmaßnahme, konnte er nicht mehr in die sozialistische Länder oder in grenznahe Bereiche der „DDR“ reisen. Zusätzlich wurde ihm von der politischen Polizei des MDI (K1) ein regelmäßiges Umgangsverbot mit seiner Freundin und der Verwandtschaft ausgesprochen.

Durch die ständige Bekämpfung seiner Person, entwickelte der freiheitsliebende, kritische und wahrheitssuchende Uwe- Carsten Günnel, eine antikommunistische Grundhaltung.  Und so schrieb er zum Beispiel mit nasser Kreide antikommunistische Aufrufe auf Schaufenster, Plakate und Telefonzellen. Nach dem Trocknen wurde die Schrift sichtbar und er war da schon weg vom Ort des Geschehens. Er war zunächst in Sicherheit.

Besonders vor Staatsfeiertagen wie dem 1.Mai und anläßlich von Parteitagen wurde er in Thüringen aktiv. Der Staatssicherheitsdienst (MfS) schleuste Spitzel in seine nähere Umgebung. Er, der als Bäckersohn in relativem Wohlstand lebte, wurde durch mehr weitere  Umgangsverbote eingeengt und schließlich zeitweilig inhaftiert. 

So unerträglich reglementiert, stellte der 24jährige Uwe- Carsten Günnel einen Ausreiseantrag aus der „DDR“ und verfasste einen Brief an das ZDF-Fernsehen, in dem er die Kleingeistigkeit der DDR schilderte und seine Sehnsucht, in´s Ausland zu reisen und als Rechtsanwalt arbeiten zu dürfen. Acht Monate später wurde er im August 1980 vom Staatssicherheitsdienst verhaftet und wegen „Landesverräterischer Agententätigkeit“ (§100 StGB der „DDR“) angeklagt. Er berief sich auf internationale Menschenrechtserklärungen und die "Schlussakte von Helsinki“, nach der die „DDR“ unterschrieben habe, dass jeder Mensch im Land seiner Wahl leben dürfe.

Kurz zuvor im Juni 1980 begegnete er beim Jugendtanz seiner späteren Frau Sibylle, deren tragisches Schicksal von nun an eng mit ihm verbunden bleiben sollte. Die 15jährige wurde selbst 1985 mit 19 wegen Briefen an ihren Verlobten wegen "Ungesetzlicher Verbindungsaufnahme" ebenfalls für 3,6 Jahre in Haft genommen. Das bis dahin gutgläubige junge Mädchen wurde unter Mörderinnen im Zuchthaus Hoheneck eingesperrt: "Ich weinte jeden Tag so stark, bis ich keine Tränen mehr hatte."

Das Bezirksgericht Erfurt verurteile Uwe- Carsten Günnel nach 8 Monaten Verhören durch die Stasi 1981 zu 3,6 Jahren Haft ohne Bewährung, 2000 Mark Geldstrafe und Beschlagnahme einer Schreibmaschine, mit der er den Brief an das ZDF geschrieben hatte.

Im Zuchthaus Cottbus verbrachte der unbeugsame Thüringer 3,6 lange Jahre, davon 2 Jahre in strenger Einzelhaft, dem sogenannten "Tigerkäfig".

Am 2. 3. 1984 wurde er nach voller Verbüßung der Haftstrafe endlich aus der "DDR" entlassen und ausgebürgert. 

Seine Überwachung durch die Stasi, in der Bundesrepublik Deutschland, war da längst vorbereitet.

Seine Haftumstände unterschieden sich wesentlich von denen anderer politischer Häftlingen im Zuchthaus Cottbus, denn er mußte das Martyrium "Tigerkäfig" länger als 2 Jahre aushalten.

Amnesty international bezeichnet diese andauernde Schweigehaft als Folter. Der "Tigerkäfig" war ein in einer ehemaligen Einzelzelle eingeschweißter Gitterkäfig, etwa 6qm groß. Kleines Sitzbrett, an die Gitterstäbe geschweißt, mit einem Eisenrahmenbett, morgens zur Wand hochgeklappt, damit man zwischen den Gitterstäben im Kreis lief "wie ein gefangener Tiger".

An Uwe- Carsten Günnel vergriffen sich berüchtigte Schläger vom SED- Wachpersonal ( Roter Terror, Arafat) besonders häufig. 

Folter war das "Schlittenfahren" , der Gefangene wurde mit der Stirn auf die Wand geknallt und wurde dann senkrecht an der Zellenwand entlang gezerrt. Schlimmste Prügel mit dem Schlagstock auf Rücken und Nieren ließen auch Uwe- Carsten Günnel laut schreien . Auch er fühlte sich unter diesen Folterungen wie ein sterbendes Tier. Seine Schreie ließen die SED- Schläger aber nur noch brutaler werden ließ. 
Erst 1997 wurden zwei dieser SED-Täter vom Landgericht Cottbus dafür zu mehr als 2 Jahren Haft Bewährung verurteilt.

Wegen Weigerung des Haareschneidens wurde Uwe- Carsten Günnel gefesselt und der SED- Täter „Roter Terror“ legte ihm „Stacheldraht“ um den Hals. Uwe- Carsten Günnel schrie in diesem Moment: „Ihr Schweine, ihr kommunistischen Verbrecher!“ 

Dadurch brach auf der Zugangsstation ein Aufruhr unter den Gefangenen aus, indem diese rhythmisch gegen die Zellentüren hämmerten. Mit blutverschmiertem Kopf kam er deshalb erneut 21 Tage Arrest in einer Folterzelle, im Tigerkäfig. Danach verblieb er für fast unbegrenzte Zeit in dieser Isolationshaft am selben Ort.

Etwa 1 Jahr verbrachte Uwe - CarstenGünnel im normalen Zellentrakt im 2. Erziehungsbereich (EB). In diesen Arbeitskommandos waren 30-50 meist politische Gefangene zusammengefasst, etwa 9-15 Männer lagen auf einer Zelle. Einige Mitgefangenen waren traurig und in sich gekehrt, weil die Frau ins Zuchthaus und die Kinder in Heime eingewiesen waren. Ein Familienvater erlitt auf der Zelle einen Herzinfarkt. Ohne sofortige Hilfe verstarb er und hinterließ Frau und 3 Kinder. Weil Uwe- Carsten Günnel angeblich zu heftig an die Zellentür klopfte, um den Arzt in der Nebenzelle zu rufen, erhielt er erneut Arrest. Aus Angst, Psychopharmaka gespritzt zu bekommen, organisierte er in der Haft einen Appell zur „Impfverweigerung“. 1983 "rief er zur Arbeitsverweigerung" bei Pentacon auf und stellte sein Eigengeld als "antikommunistischen Fond" anderen Mithäftlingen zur Verfügung.

21 Tage Tigerkäfig mit 3 Monaten Anschluss- Isolationshaft folgten auf seine andauernden Verweigerungen, Hausordnungsverstöße, seinen Widerstand und seinen Gerechtigkeitsdrang; immer wieder 21 Tage Tigerkäfig mit 3 Monate Isolationshaft, oft in der eisigen Außenwandzelle im 2. Stock.

SED- Genosse Hauptmann Konzak beantragte Ende 1983 "strengste Bestrafung" weil er eine "führende geachtete Stellung" unter den Strafgefangenen im Erziehungsbereich einnehme.

Nach seiner Ausbürgerung aus der „DDR“ im März 1984 arbeitete Uwe- Carsten Günnel als Auslieferungsfahrer in einer Marburger Bäckerei. Er beteiligte sich an knapp 100 Demonstrationen und engagierte sich in vielen Menschenrechtsgruppen - besonders bei der IGfM, der er 6 Wochen nach seiner Übersiedlung beitrat. Einsame Proklamationen "Hölle DDR vernichtet  Menschenleben!" an der DDR-Grenze wurden für übertrieben gehalten. Die Demonstrationen für seine inzwischen ebenfalls verhaftete Verlobte vor der Bonner DDR-Botschaft sorgten für Belastungen der Diplomatie.

In einem Operativen Vorgang "Schach", der seine Kontakte in die DDR aufdecken sollte, schlichen sich Stasi- Spitzel 1984-1987 in sein Vertrauen, die ihn als Freund eng begleiteten. Die Stasi diffamierte Uwe- Carsten Günnel, säte erfolgreich Misstrauen, damit man sich von ihm distanziert und ihn isoliert. Lanciert wurde u. a. er würde "die Beziehungen zur DDR belasten". 
Das Plakat „Honecker-Henker der Menschenrechte!“ musste er 1986 selbst entfernen. 

Vom Berliner Checkpoint-Charlie (empfindlichster Grenzübergangspunkt "DDR"-BRD) war er über Jahre sehr aktiv und wurde z.T. sogar als Störenfried bundespolizeilich vertrieben, weil er die "innerdeutschen Beziehungen" belaste. Dennoch erreichte er mit seinen zahlreichen Demos und Aktionen die Freilassung politischer Häftlinge. Erfolgreich waren auch seine Aktionen mit der Jungen Union (JU) in München, Köln, Hamburg, Berlin und anderen Städten sowie mannigfaltige Veröffentlichungen in den Medien. In Berlin z.B. sprang er bei Udo Lindenberg live auf die Bühne und entrollte ein Transparent für die Freilassung politischer Häftlinge und seiner Verlobten.

Uwe- Carsten Günnels Demonstrationen vor kommunistischen Parteizentralen in Westeuropa bewirkten ebenfalls, dass „DDR“- Häftlinge vorzeitig entlassen und freigekauft wurden. 
Die Diffamierungen, inszeniert durch die STASI und damit Verwirrungen versch. Menschenrechtsorganisationen, er selbst sei Stasi- Spitzel, endeten erst mit erfolgreicher Klage vor dem OVG Kassel. 

Gegen Uwe-Carsten Günnel wurde vom SED-Geheimdienst ein internationaler Haftbefehl wegen "Staatsfeindlicher Hetze" ausgesetzt. Das nahm der "DDR-Geheimdienst" jedoch schnell zurück, da ein Ausländer wegen den fehlenden Rechtsgebietes strafrechtlich nicht verfolgt werden kann. Der OV (Operative Vorgang) "Schach" wurde Anfang 1987 eingestellt.

1987 wurde endlich seine Ehefrau Sibylle nach 2,6 Jahren Haft in Hoheneck in die Bundesrepublik entlassen. Er betrat zu Weihnachten 1989 erstmals wieder die DDR und stellte Strafanzeigen gegen alle, die ihn zuvor misshandelt hatten. 1997 wurde der erste SV-Angehörige (Hubert Schulze) zu 2,8 Jahren Haft verurteilt. 1992 heiratete das durch Haft schwer geprüfte Paar. Mit ihrem Sohn leben sie wieder in Thüringen.

Uwe- Carsten Günnels Lebensmaxime "Mit 50 musst du alles geschafft haben!" war erreicht.

Zwei Jahre Einzelhaft im Zuchthaus Cottbus, machten mich stark, sagt Uwe- Carsten Günnel rückblickend.

In Deutschland gibt es nur ganz wenige Menschen, die derart dem SED- Regime widerstanden haben.

 Thomas Renker

 

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